„Digitze or Die“ – Wie lockt man junge Profis in ländliche Regionen?

Welche Vorteile birgt die Digitalisierung? Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt? Konkret: Wie kann die Digitalisierung den zunehmenden Fachkräftemangel in der Region Südwestfalen aufhalten? Diese Fragen beschäftigten auf der Iserlohner Wirtschaftskonferenz „Campus Symposium“ Anfang September internationale und nationale Politiker sowie regionale Wirtschaftsexperten. Mit dabei waren unter anderem der ehemalige EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Staatsministerin Dorothee Bär.

Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Doch im Vergleich zu anderen Ländern hinkt Deutschland beim digitalen Fortschritt hinterher. Würde Deutschland die Chancen der Digitalisierung nutzen, bringt das viele Vorteile mit: Vor allem könnte der zunehmende Fachkräftemangel in den Regionen aufgehalten werden. Denn das Internet ermöglicht einen ortsunabhängigen Austausch mit Stakeholdern, man kann von einem beliebigen Ort aus arbeiten.

Noch sind die deutschen Regionen stark, vor allem geprägt durch einen hohen Mittelstand. Allein in der Region Südwestfalen sind über 150 Weltmarktführer zu Hause, sie gehört zu den drei stärksten Industrieregionen Deutschlands. Und „nur weil wie jetzt eine starke Industrienation sind, heißt das nicht, dass wir nicht auch einmal eine erfolgreiche Digitalnation werden können“, ist Bär überzeugt. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Digitalisierung ermöglicht ortsunabhängiges Arbeiten

„Ich habe den Eindruck, wir sind im preußischen Obrigkeitsstaat stecken geblieben!“, beklagt NRW-Digitalminister Pinkwart die digitale Entwicklung in Deutschland, „NRW hat einen Dornrösschen Schlaf hinter sich, wenn es um digitale Gründung geht.“ Doch das soll sich nun ändern, das Land NRW möchte gemeinsam mit den Bürgern eine Digitalstrategie entwickeln. Hierbei soll neben Infrastruktur, Bildung und Gesundheit vor allem das Thema Mittelstand im Vordergrund stehen. „Wir haben etwas, was andere Länder nicht haben. Wir haben einen herausragenden Mittelstand, den sonst kein anderes Land der Welt vorweisen kann. Den gilt es zu stärken und fit zu machen!“, verkündet Bär stolz. Um die Chancen der Digitalisierung noch mehr für die Regionen zu nutzen, muss man Kräfte bündeln und Netzwerke bilden. Es ist nicht mehr notwendig, in die Hauptstädte zu ziehen. Die Digitalisierung ermöglicht es, von einem beliebigen Ort aus zu arbeiten. „Die Zukunft findet nicht in Berlin oder Hamburg statt“, so Bär, „sondern in Iserlohn“.

Networking ist das A und O für junge Profis der digitalen Welt

Konkrete Ideen, wie der Fachkräftemangel in Südwestfalen behoben werden kann, liefert die Gründerin des ersten Iserlohner Coworking Space Kim Höhne im Interview mit dem Iserlohner Kreis-Anzeiger. Zunächst einmal müsse man auf die Bedürfnisse der Zielgruppe eingehen, auf die Bedürfnisse der jungen digitalen Profis. Neben weichen Standortfaktoren können auch die Unternehmen viel beitragen: „Es geht nicht nur darum, bei einer geilen Marke zu arbeiten, sondern es geht auch um die Unternehmenskultur, die bei diesen Marken vorherrscht.“ Gemeint ist damit eine offene Arbeitskultur, wo flache Hierarchien herrschen, wo man Verantwortung übernehmen kann und wo man Netzwerke aufbauen kann. „Gerade diejenigen, die bei der Digitalisierung entschieden mithelfen wollen und auch können, schätzen das flexible Arbeiten“.

Ein Ansatz, um junge Leute miteinander zu vernetzen und um flexible Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, ist das Coworking. „Es geht darum, eine Community aufzubauen, die wiederum andere anzieht, die diese Ansätze verfolgen und die in der digitalen Welt zuhause sind.“ Der Coworking Space in Iserlohn ist ein erster Schritt in ein digitales und vernetztes Südwestfalen.

Foto: Frank Höhne